Newsletter zur Europäischen Umweltpolitik

Nr. 11, 10.07.2025

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Liebe Leserin, lieber Leser,

 

während das EU-Parlament heute Vormittag – wenige Tage vor der Veröffentlichung des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) am kommenden Mittwoch – eine Debatte über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und deren Finanzierung führte, forderte ein Bündnis auf der Sonder-Agrarministerkonferenz in Berlin einen grundlegenden Kurswechsel in der deutschen Agrarpolitik hin zu mehr Zukunftsfähigkeit. Es geht um eine zielgerichtete Verwendung von Milliarden öffentlicher Steuergelder im Sinne von Natur und Gesellschaft!

 

Derweil musste sich die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einem Misstrauensvotum stellen, das von ganz Rechtsaußen kam. Es fand keine Mehrheit.

 

Wir wiederum schauen in diesem Newsletter viel auf Finanzen: Lesen Sie mehr über den Forderungskatalog für den MFR 2028-2034 und den künftigen Wettbewerbsfonds, die Lücken in der Naturschutzfinanzierung und der Umsetzung von Umweltrecht, den Fahrplan zu „Nature Credits“ sowie Kritik am neuen EU-Beihilferahmen CISAF für die Industrietransformation mit fossilen Schlupflöchern und sozialen Leerstellen. Umweltorganisationen beklagen außerdem, dass beim Klimaschutzziel Zahlen schöngerechnet werden und in der Chemikalienpolitik die Industrie statt der Umwelt- und Gesundheitsschutz unterstützt wird. Ganz schön viel zu tun für die dänische EU-Ratspräsidentschaft...

 

Viel Vergnügen beim Lesen wünscht

 

Ihr Redaktionsteam

 

 

EU-NEWS

 

Dänemark übernimmt Ratsvorsitz

Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember hat Dänemark die Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union inne. Unter dem Motto „Ein starkes Europa in einer Welt im Wandel“ will sich der dänische Ratsvorsitz für ein sicheres, wettbewerbsfähiges und grünes Europa einsetzen. Im Umweltbereich soll besonders der Klimaschutz vorangetrieben werden – allerdings dürfte dies wohl weniger unter dem Vorsatz der Emissionsreduzierung, sondern eher unter Wettbewerbsaspekten erfolgen.

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„Buchhalterische Tricks“: Umweltverbände kritisieren EU-Klimaziel 2040

Die EU-Kommission will die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent senken – ein Ziel, das NGOs als wichtiges Signal begrüßen. Scharfe Kritik gibt es an geplanten Schlupflöchern wie internationalen CO₂-Kompensationen und der Anrechnung technischer Entnahmen. Umweltverbände fordern verbindliche Zwischenziele und echte Emissionsminderungen statt buchhalterischer Tricks.

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Chemikalienpaket schützt Industrie, nicht Gesundheit

Die EU-Kommission hat am 8. Juli ein Gesetzespaket für Chemikalien („Die Mutter aller Industrien“) vorgelegt. Es geht um einen Aktionsplan, ein Vereinfachungspaket (Omnibus VI) sowie neue Vorschriften für die Europäische Chemikalienagentur ECHA. Umweltverbände reagieren empört.

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Langjähriger EU-Haushalt: EU-Kommission will 14 Fonds zusammenlegen

Am 16. Juli will die Kommission den ersten Entwurf für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) vorlegen. Durchgesickert ist bereits ein Vorschlag für den künftigen Wettbewerbsfonds, der alte Fördertöpfe zusammenfassen soll. Umweltorganisationen fordern derweil die Finanzierung eines umweltfreundlichen, klimaneutralen und resilienten Umbaus der Europäischen Union.

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Finanzierungslücke im Naturschutz und Umsetzungsdefizite beim EU-Umweltrecht

Zum vierten Mal hat die EU-Kommission analysiert, wie EU-Umweltrecht in den 27 EU-Staaten umgesetzt wird. Luft- und Wasserverschmutzung, Naturzerstörung und Abfallberge kombiniert mit Untätigkeit bei der Umsetzung von Umweltvorschriften kosten die EU jährlich etwa 180 Milliarden Euro, schätzt die EU-Kommission. 

Zum Gastbeitrag von Raphael Weyland
Fossile Schlupflöcher, soziale Leerstellen: Kritik am neuen EU-Beihilferahmen CISAF

Mit einem neuen EU-Beihilferahmen will die Europäische Kommission die Transformation der Industrie beschleunigen. Umweltorganisationen begrüßen die Grundidee, sehen aber massive Schlupflöcher für fossile Technologien – und fordern klare Regeln für eine sozial gerechte und ökologisch wirksame Industriepolitik.

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Kurswechsel für eine zukunftsfähige Agrarpolitik gefordert

Anlässlich der Sonder-Agrarministerkonferenz  demonstriert das „Wir haben es satt!“-Bündnis in Berlin und fordert, einen weiteren Rückbau ökologischer Mindeststandards zu verhindern. Die Bundesländer beraten über die deutsche Positionierung zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2027. Aus Sicht des Bündnisses muss die Honorierung von Umwelt-, Klima- und Tierschutzleistungen, die Öko-Regelungen sowie Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen in der EU-Agrarförderung deutlich ausgebaut werden.
Foto: Fabian Melber/ www.wir-haben-es-satt.de

Zur DNR-Pressemitteilung
 
Trilog zur Neuen Gentechnik vertagt

Die eigentlich für den 30. Juni angesetzte Trilog-Runde zur Neuregelung der neuen gentechnischen Verfahren (NGT) wurde abgesagt. Bei den Themen Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Patentierung gehen die Auffassungen weiter auseinander. Nun wird sich die dänische Ratspräsidentschaft der Gesetzgebung widmen und kündigte eine Einigung bis Jahresende an, berichtet der Informationsdienst Gentechnik.

Zur Meldung vom Informationsdienst Gentechnik
Greenpeace zur EUDR-Abstimmung im EU-Parlament: Beim Waldschutz nicht hadern, sondern handeln!

Harsche Kritik erntete die Zustimmung des EU-Parlaments zu weiteren Änderungen der eigentlich bereits beschlossenen Anti-Entwaldungsverordnung (EUDR) am 9. Juli. Die Organisation forderte, dass die EUDR wie geplant am 30. Dezember 2025 in Kraft treten muss. Das EU-Parlament hatte einen Antrag von Alexander Bernhuber (EVP, Österreich) angenommen, in dem die Kommission aufgefordert wird, ihre Verordnung vom 22. Mai 2025 aufzuheben, mit der das in Artikel 29 der EUDR vorgesehene „Benchmarking“ eingeführt wurde. Dabei geht es um die Einstufung von Ländern in verschiedene Risikokategorien im Hinblick auf Waldschutz beziehungsweise Waldgefährdung.

Zur Greenpeace-Meldung "Stop complaining, start complying!"
Germanwatch: Die EU in der Sandwichposition zwischen den Handelsriesen USA und China

Die umwelt- und entwicklungspolitische Organisation Germanwatch hat Vorschläge für eine ausgleichende Handelsagenda vorgelegt, die zu mehr Klimaschutz, globaler Prosperität und geopolitischer Entspannung beitragen können. Der Autor Tilman von Berlepsch setzt unter anderem auf faire multilaterale Handelsabkommen sowie auf einen notwendigen Außenhandelsschutz – also selektiven Protektionismus einschließlich CO₂-Zöllen (CBAM). Zugleich plädiert er für den Abbau einer zu starken Exportabhängigkeit durch die Stärkung der Binnennachfrage, den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft und das beschleunigte Zurückdrängen fossiler Energien und Produkte. Die Publikation bildet den Auftakt einer Serie zu Trade & Transformation. 

Zur Germanwatch-Publikation
EU-Kommission: Rechtsstaatlichkeit mit Mängeln

Justizsystem, Korruption, Medienfreiheit... Die EU-Kommission hat in ihrem Rechtsstaatlichkeitsbericht 2025 Fortschritte, aber auch ernsthafte Mängel festgestellt. Besonders in Ungarn liegt einiges im Argen. Mit Blick auf die Zivilgesellschaft sorgten die meisten EU-Staaten zwar für einen „förderlichen und unterstützenden Rahmen“. In einer Reihe von Mitgliedstaaten bestünden jedoch nach wie vor Hindernisse im Bereich Finanzierung oder Registrierung. In einigen Ländern unterliege die Zivilgesellschaft sogar „übermäßigen finanziellen Beschränkungen oder Kontrollen oder einem unzureichenden Schutz“. Im Bericht über Deutschland wird fehlende Transparenz von Parteispenden, nicht ausreichende Lobbykontrolle, unklares Gemeinnützigkeitsrecht sowie verbesserungswürdiger Schutz von Journalist*innen bemängelt.  

Zur Pressemitteilung und zum Bericht über Rechtsstaatlichkeit
Lieferkettengesetze erhalten, Mensch und Umwelt schützen!

Nachdem auch der EU-Rat Ende Juni aus Sicht von Germanwatch den Menschenrechtsschutz und Nachhaltigkeit in der Wirtschaft in einem „Unterbietungswettkampf mit der EU-Kommission“ attackiert, hat die Organisation zur Unterstützung einer Petition aufgerufen. Mit dem Argument der „Vereinfachung“ sollen wichtige Bausteine für ein gerechteres Wirtschaftssystem ausgehebelt werden. Weltweit dürfe nicht nur noch das Gesetz des Stärkeren gelten. Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung dürften nicht folgenlos bleiben.

Zur Petition der Initiative Lieferkettengesetz
 
 Zum Eintauchen: Neue Studien und Berichte
Große Unterschiede bei Energieverbrauch und Erzeugung

Der neue Energieatlas der EU-Kommission zeigt, dass der Endenergieverbrauch pro Kopf in den Regionen der EU um den Faktor 3 variiert – von unter 10 MWh in Südspanien bis über 30 MWh in Teilen Finnlands. Gleichzeitig konzentriert sich die erneuerbare Stromerzeugung stark: 30 % der EE-Stromproduktion in der EU stammen aus nur 6 % der Regionen.

Der Atlas soll helfen, regionale Stärken gezielt für die Energiewende zu nutzen.

Zum Atlas
Bis 2030: Europas Landnutzung muss 400 Mt CO₂e binden

Laut Bericht der Europäischen Umweltagentur müssen Europas Landflächen bis 2030 jährlich netto 400 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente (Mt CO₂e) binden, um die EU-Klimaziele zu erreichen. Derzeit sinkt die Senkenleistung – unter anderem durch Abholzung, Trockenheit und Bodenverschlechterung. Besonders groß ist das Potenzial in extensiver Agroforstwirtschaft, Moorwiedervernässung und besserem Forstmanagement.

Zum Bericht

Ökologische Kipppunkte bedrohen Finanzsystem

Der WWF warnt: Kipppunkte wie das Abschmelzen der Eisschilde oder das Waldsterben im Amazonas könnten bis 2050 weltweite Vermögensverluste von bis zu 13,4 Billionen US-Dollar verursachen. Dadurch entstünden Risiken für die Finanzstabilität, mit denen sich die Zentralbanken und Regulierungsbehörden dringend befassen sollten, heißt es im Bericht.  Der WWF fordert,  Naturkatastrophen und andere Risiken verpflichtend in Stresstests und Offenlegungspflichten zu integrieren.

Zum Bericht

Kurz & Knapp: laufende Konsultationen/Feedbackmöglichkeiten

bis 16.07.: Schutz des Tierwohls bei bestimmten Nutztieren im Haltungsbetrieb – Modernisierung der EU-Rechtsvorschriften

bis 17.07.: Verordnung über die Wiederherstellung der Natur – wissenschaftlich fundierte Methode zur Überwachung der Vielfalt der Bestäuber und ihrer Populationen

bis 05.08.: European Grid Package – Ausbau der europäischen Stromnetze

bis 19.08.: Einwegflaschen und chemisches Recycling – Entwurf eines Rechtsaktes

bis 26.08.: Erweiterung des Carbon Border Adjustment Mechanism auf Folgeprodukte & Anti-Umgehungsmaßnahmen

bis 05.09.: EU Civil Society Strategy

bis 09.09.: Nachhaltige Fischerei in der EU: Sachstand und Orientierungslinien für 2026

bis 11.09.: Bürgerenergiepaket – Schutz & Stärke der Verbraucher beim gerechten Übergang

bis 12.09.: EU-Tourismus-Strategie

bis 19.09.: Verordnung über Düngemittel – Bewertung

bis 29.09.: Revision der CO₂‑Emissionsstandards für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge

bis 31.10.: Aufnahme bestimmter Abfälle in die grüne Liste für Verbringungen zwischen Mitgliedstaaten

 

Es lohnt ein regelmäßiger Blick auf die Seite mit den laufenden Konsultationen der EU-Kommission: Have your say!
Auch die neue europäische Plattform für Bürgerbeteiligung wartet regelmäßig mit neuen Themen zum Mitmachen auf.

 

Aus dem Netz gefischt
  • EEB zu NECPs: €86 billion in limbo: EU countries miss key deadline to protect their most vulnerable
  • EU-Kommission: Mehr Mobilität: EU investiert 2,8 Milliarden Euro in Verkehrsprojekte
  • EU-Kommission: Übergang zur Kreislaufwirtschaft: Strategischer Dialog und Sondierungen gestartet
  • EU-Kommission: Vorbereitung der EU-Strategien zu Häfen und zur Seeschifffahrt: Sondierungen gestartet
  • EU-Kommission: Circular Economy: New rules to boost recycling efficiency and material recovery from waste batteries
  • EU-Kommission: CBAM: Commission announces plan to mitigate carbon leakage risk for exporters
  • EU-Kommission: EU-Methodik für CO2-armen Wasserstoff und Kraftstoffe: Kommission legt delegierten Rechtsakt vor
  • ClientEarth: Organisations across Europe take part in actions against SLAPPs as Greenpeace International brings a groundbreaking legal case
  • MWE, ECN, EBA: Unlocking the full potential of biowaste in the circular bioeconomy
  • Corporate Europe Observatory: The human cost of green hydrogen in South Africa: community voices challenge EU's narrative
  • EU-Parlament: Zustrom minderwertiger Waren in die EU eindämmen

 

TERMINE

 

10.-11.07. Informelle Tagung der Umweltminister*innen, Aalborg

14.07. Rat für Landwirtschaft und Fischerei, Brüssel

15.07. Rat für Auswärtige Angelegenheiten, Brüssel

16.-18.07. Informelle Ministertagung „Forschung“ und „Binnenmarkt und Industrie“, Kopenhagen

18.07. Rat für Allgemeine Angelegenheiten, Brüssel

 
Rechtliches

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