Newsletter zur Europäischen Umweltpolitik

Nr. 05/25, 20.03.2025

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,


100 Tage ist die neue EU-Kommission nun im Amt und wir ziehen eine erste Zwischenbilanz. Währenddessen sieht sich Greenpeace international und zwei US-amerikanische Gruppierungen mit einer Strafzahlung von 660 Millionen US-Dollar konfrontiert – wegen Protesten gegen eine Pipeline durch heilige Stätten der amerikanischen Ureinwohner.


Auch ansonsten gibt es wenig zu feiern: Die neue Gentechnik ist nach der Mehrheitsentscheidung im Rat auf dem Vormarsch und gibt uns Anlass zu großer Besorgnis. Der Wolf wird nicht mehr streng, sondern nur noch geschützt. Neue Vorschriften zur Reduktion von Lebensmittel- und Textilabfällen haben noch viel Luft nach oben, dafür wird auf EU-Ebene fleißig dereguliert. Ansonsten hat die EU-Kommission gestern sowohl einen Aktionsplan für Stahl und Metalle als auch ein Weißbuch zur Verteidigung sowie Pläne zur Finanzierung vorgelegt („ReArm Europe Plan/Readiness 2030“).


Diese und weitere Themen finden Sie im heutigen EU-Umweltnewsletter.  


Viel Vergnügen beim Lesen wünscht


das Redaktionsteam

 

EU-NEWS

 
Bilanz: 100 Tage EU-Kommission

Die ersten 100 Tage einer neuen EU-Kommission gelten als entscheidend, um politische Prioritäten zu setzen und den Kurs für die kommenden Jahre festzulegen. Ein Grund genauer hinzusehen, wie es um den Umwelt- und Klimaschutz steht und eine erste Bilanz zu ziehen.

Zur Zwischenbilanz
EU-Trilog: Deregulierung neuer Gentechniken

Vergangenen Freitag stimmte eine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten für den polnischen Vorschlag zur Aufweichung der Gentechnikstandards. Damit ist der Weg frei für die Trilog Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission. Wir und zahlreiche weitere Akteure sind besorgt. Eine Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Pflanzen muss unverhandelbar sein.

Zur Pressemitteilung des DNR
Meinungsbeitrag: Deutschlands Rolle beim EU-Klimaziel 2020

Noch im ersten Quartal 2025 will die EU-Kommission einen Vorschlag für das EU-Klimaziel 2040 vorlegen. Der wissenschaftliche Klimabeirat empfiehlt mindestens 90 Prozent Emissionsreduktion im Vergleich zu 1990. Die EU muss dies verbindlich festlegen, um international glaubwürdig zu bleiben. Die deutsche Regierung sollte mit gutem Beispiel vorangehen.

Zum Beitrag von Judith Hermann, DNR
Zukunft der Stahlindustrie: EU-Kommission präsentiert Aktionsplan

Am 19. März veröffentlichte die EU-Kommission ihren Aktionsplan für Stahl und Metalle. Vorausgegangen war diesem ein Strategischer Dialog zur Zukunft des europäischen Stahlsektors. Dass zivilgesellschaftliche Organisationen wie CAN Europe, das Europäische Umweltbüro und andere nicht einbezogen, erntete harsche Kritik. Auch gehe der Aktionsplan in puncto Klimaschutz nicht weit genug.

Zum Artikel
Weniger Schutz für Wölfe

Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, den Schutzstatus des Wolfs abzusenken. Die Anpassung erfolgt aufgrund der geänderten Einstufung von „streng geschützt“ auf „geschützt“ gemäß der Berner Konvention. Während Bundesminister Cem Özdemir den Schritt begrüßt, kritisieren Umweltverbände den Vorschlag.

Zum Artikel
Neue Vorschriften für Textilien und Lebensmittel auf der Zielgeraden

Das Europäische Parlament und der Rat der EU haben sich auf neue Vorschriften zur Reduktion von Lebensmittel- und Textilabfällen geeinigt. Umweltverbände kritisierten die Vorgaben als nicht ausreichend, um das Müllproblem in diesen Bereichen zu beheben.

Mehr erfahren
Veranstaltung: EU-politischer Umweltimpuls

Am 6. März brachte der EU-politische Umweltimpuls virtuell Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft zusammen, um die aktuellen Herausforderungen und Schwerpunkte der europäischen Umweltpolitik zu diskutieren. Die Analyse inhaltlicher Agendaveränderungen im Jahr 2025, Desinformation und Deregulierung waren Themen der gemeinsamen Veranstaltung von DNR, Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt.

Zum Veranstaltungsbericht
 
Corporate Europa Observatory (CEO): Deregulierungsalarm auf EU-Ebene

Über ein Dutzend Instrumente, wie EU-Vorschriften derzeit aufgeweicht werden können, hat die lobbykritische Organisation CEO zusammengetragen. Ein Guide namens 17 Schritte zur Deregulierung nennt drei Kategorien: systemische Hürden für die Regulierung auf EU-Ebene, Blockaden auf nationaler Ebene sowie regulatorische Ausweichmöglichkeiten. Beispiel? Der jüngste Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission umfasst eine Konsultation zu Optionen zur Änderung der Kriterien der „nachhaltigen Taxonomie“. Hier könnte u.a. im Chemikalienbereich zukünftig gelten: vollständige Streichung der Kriterien oder die Einschränkung des Geltungsbereichs. Dies wiederum beträfe 10.000 Stoffe – ein eklatanter Verstoß gegen den Grundsatz „Do no significant harm“ (DNSH). Widerstand ist möglich: Noch bis 26. März läuft die Konsultation über delegierte Rechtsakte (EU-Kommission entscheidet) zur Taxonomie.

CEO-Deregulation Watch
Klimakrise und Chemikalienverschmutzung als „schreckliche Zwillinge“

Die Umweltorganisation ChemSec hat die Zusammenhänge zwischen zwei großen Krisen der Zeit unter die Lupe genommen: Klimawandel und Verschmutzung hängen eng zusammen. So ist die chemische Industrie fossil aufgestellt und außerdem extrem energieintensiv. Zudem basiert Plastik sowohl auf Öl als auch auf Chemikalien. Und nicht zuletzt sind auch kohlenstoffarme Technologien auf Chemikalien angewiesen. Wer die eine Krise angehe, dürfe also auch die andere nicht aus den Augen lassen. Kohlenstofffreie Alternativen müssten auf sichere Chemikalien zurückgreifen, die weder zum Klimawandel noch zur gefährlichen Umweltverschmutzung beitragen, so die Organisation.

Zur Analyse von ChemSec
DNR-Newsletter zu Populismus und Desinformation 

In der Märzausgabe unseres auf deutsche Umweltpolitik bezogenen Newsletters (zum Abo geht es hier) fragen unsere Autor*innen: Welche Instrumente der Desinformation gibt es und wie können wir sie durchschauen und uns dagegen schützen? Lesen Sie:

  • Fakt oder Fake?
  • Attacken gegen NGOs sind Angriffe auf die Demokratie
  • Die populistische Herausforderung für die Umweltpolitik (Interview)

Außerdem unter anderem: Solidaritätsbekundung für die Ukraine und Sondervermögen: Umweltverbände fordern mehr Geld für Klimaneutralität.

Zum DNR-Newsletter 
Durchsetzung Umweltrecht: Urteile zu Abfallrecht und Whistleblower-Schutz

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 6. März finanzielle Sanktionen gegen Kroatien verhängt (Urteil C-315/23). Es ging um unsachgemäße Bewirtschaftung von Deponieabfällen, von denen eine Gefahr für Gesundheit und Umwelt ausgeht. Am gleichen Tag wurden fünf Mitgliedstaaten wegen Nichtumsetzung der "Whistleblower"-Richtlinie zu finanziellen Sanktionen verurteilt – Deutschland ist auch darunter und muss 34 Millionen Euro Strafgeld zahlen. In Zeiten von Shrinking Spaces auch für Umweltaktivist*innen vielleicht ein Urteil mit Signalwirkung.

Zur EuGH-Pressemitteilung zum „Whistleblower“-Urteil
EU versagt beim Meeresschutz

Nachdem die EU-Kommission eine Evaluation der Badegewässer-Richtlinie und der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) veröffentlicht hat, haben Umweltorganisationen die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich dringend mit dem „schwerwiegenden Versagen beim Schutz der EU-Meere“ zu befassen. Der angekündigte Europäische Ozeanpakt müsse die aufgezeigten Mängel beheben und dabei Meeresraumplanung und Naturwiederherstellung einbeziehen. Die MSRL-Umsetzung hat laut Evaluation das Ziel, bis 2020 einen guten Umweltzustand zu erreichen, nicht vollständig verwirklicht. Auch bei den Badegewässern könnten Gesundheits- und Umweltschutz noch verbessert werden, so die EU-Kommission.

ClientEarth, BirdLife, Seas At Risk, Surfrider Foundation Europe zum EU-Meeresschutz
 Zum Eintauchen: Neue Studien und Berichte
Zirkularität im Automobilsektor

Die EU-Kommission hat im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, die den gesamten Lebenszyklus von Fahrzeugen regulieren soll. Das Europäische Parlament veröffentlichte nun einen Bericht, der sich mit den neuen Zirkularitätsanforderungen für Fahrzeugdesign und die Behandlung von Altfahrzeugen befasst. Konstruktionsvorgaben für bessere Wiederverwertbarkeit, Recyclingquoten (z. B. 25 % recyceltes Plastik pro Fahrzeug) und eine erweiterte Herstellerverantwortung sollen den gesamten Lebenszyklus von Fahrzeugen nachhaltiger gestalten. Zudem sollen Exportregeln für Gebrauchtwagen verschärft und ein digitaler Kreislaufpass zur Materialtransparenz eingeführt werden.

Zum Bericht
10 Maßnahmen für saubere Luft bis 2030

Das Europäische Umweltbüro (EEB) hat bewertet, ob die EU die neuen Standards der überarbeiteten Luftqualitätsrichtlinie bis 2030 erreichen kann. Das EEB zeigt, wie zehn Maßnahmen in den Bereichen Energie, Landwirtschaft und Verkehr gleichzeitig zur Verbesserung der Luftqualität und zur Reduktion von Treibhausgasen beitragen können. Gezieltes Vorgehen wie der verstärkte Ausbau erneuerbarer Energien, Einschränkungen beim Heizen mit fossilen Brennstoffen, Verkehrs- und Agrarregulierungen könnten erhebliche Reduktionen von Schadstoffen bewirken. Doch ohne zusätzliche Maßnahmen, die über bestehende nationale Verpflichtungen hinaus gehen, seien die WHO-Luftqualitätsrichtlinien nicht vollständig zu erfüllen.

Zur EEB-Studie
Kreislaufwirtschaft: Recycling allein reicht nicht

Eine Studie der auf Umweltnormen spezialisierten Organisation ECOS zeigt, dass die EU zwar Fortschritte in Sachen Kreislaufwirtschaft gemacht hat, Recycling als zentrale Maßnahme jedoch nicht ausreicht. Auch sei die EU weiterhin stark von Primärrohstoffen abhängig. ECOS empfiehlt eine umfassendere Strategie mit verbindlichen Reduktionszielen für den Ressourcenverbrauch, klaren Messsystemen sowie einem systemischen Ansatz, der ökologische, wirtschaftliche und soziale Faktoren einbezieht. Nur durch eine ganzheitliche Transformation könne die Europäische Union ihre Materialnutzung innerhalb der planetaren Grenzen halten und echte Nachhaltigkeit sichern.

Zu den Ergebnissen
 

Kurz & Knapp: laufende Konsultationen/Feedbackmöglichkeiten

bis 07.04. (BMUV): Grenzüberschreitende Strategische Umweltprüfung zum niederländischen Nationalen Programm für radioaktive Abfälle 2025-2035
bis 12.04.: Gemeinsame Fischereipolitik – Bewertung

bis 30.04.: GreenData4All – aktualisierte Vorschriften über umweltbezogene Geodaten und den Zugang zu Umweltinformationen

bis 06.05.: Der nächste langfristige Haushalt der EU (Mehrjähriger Finanzrahmen, MFR) – Leistung des EU-Haushalts

bis 06.05.: Der nächste langfristige Haushalt der EU (Mehrjähriger Finanzrahmen, MFR) – Verwendung von EU-Mitteln zusammen mit Mitgliedstaaten und Regionen

bis 23.05.: Gruppenfreistellungsverordnung für den Kraftfahrzeugsektor – Evaluierung


Es lohnt regelmäßig ein Blick auf die Seite mit den laufenden Konsultationen der EU-Kommission: Have your say!
Auch die neue europäische Plattform für Bürgerbeteiligung wartet regelmäßig mit neuen Themen zum Mitmachen auf.

 
Aus dem Netz gefischt

• FERN et al: Beyond Bioenergy. A civil society statement on EU bioenergy policy
• DUH: Bahnbrechendes Urteil für Gewässerschutz: Erfolg der Deutschen Umwelthilfe im Revisionsverfahren für sauberes Wasser in Niedersachsen und NRW
• ClientEarth: Renewable Energy for Nature and People. A Practical Guide to the revised Renewable Energy Directive 

• Seas At Risk: Multiple EU countries are failing to stop destructive fishing in Protected Areas, analysis finds, as several face legal action

• WWF et al. zu Entbürokratisierung im Agrar- und Ernährungsbereich: 60 NGOs warn that simplified rules will hinder, not help, farmers’ resilience

TERMINE

20.-21.03. Europäischer Rat

24.03. Rat für Landwirtschaft und Fischerei

27.03. Rat für Umwelt

31.03.-03.04. Plenarsitzung EU-Parlament, Brüssel

 
Rechtliches

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