Newsletter zur Europäischen Umweltpolitik

Nr. 04/25, 06.03.2025

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,


uns beschäftigt aktuell unter anderem die Einigung von CDU/CSU und SPD auf das milliardenschwere Investitionspaket. In Brüssel wurde dieses mit lobenden Worten aufgenommen und auch der DNR begrüßt die Entscheidung für das Sondervermögen. Gleichzeitig fordern wir aber gemeinsam mit Campact, der Deutschen Umwelthilfe, Germanwatch, NABU und dem WWF, dass die Ausgaben der 500 Milliarden Euro mit einem Fokus auf Klimaresilienz und Klimaneutralität ausgerichtet werden müssen: „Bei allen Investitionen muss glasklar sein: Jeder Euro für den Ausbau von Brücken, Gebäude oder Schienen muss unter der Prämisse getätigt werden, dass wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten. Klimaneutralität und der Schutz unserer biologischen Vielfalt dürfen dabei nicht nur ‘mitgemeint‘ werden, sondern müssen als selbstverständliche und verbindliche Grundlage bei allen Investitionen gelten“, heißt es in unserer Pressemitteilung.


Doch neben den Schlagzeilen zur weltpolitischen Zeitenwende und den Auswirkungen auf die europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, wurden auch im EU-Umwelt- und Naturschutzbereich in den letzten 14 Tagen Maßnahmen mit großen Tragweiten vorgestellt und beschlossen. Wir berichten daher heute unter anderem über die nachträglichen Beschlüsse zur globalen Finanzierung biologischer Vielfalt auf der CBD COP 16.2 sowie natürlich über den Clean Industrial Act und die Auswirkungen der ersten Omnibus-Initiativen.


Viel Vergnügen beim Lesen unseres Newsletters wünscht


das Redaktionsteam

 

EU-NEWS

 
Biodiversität: Naturschutzfonds und Finanzierung beschlossen

Vom 25. bis 27. Februar haben sich die Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) in Rom getroffen, um fehlende Beschlüsse der COP 16 in Cali, Kolumbien, nachzuholen. Besonderer Knackpunkt: Die Finanzierung und eine Strategie zur Mobilisierung von Ressourcen für den internationalen Naturschutz. Wir haben für Sie die Ergebnisse und Reaktionen zusammengetragen.  

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Klimabeirat spricht sich für separate Ziele bei Emissionen und CO₂-Entnahmen aus

Der Wissenschaftliche Beirat der EU für Klimawandel (ESABCC) hat eine umfassende Analyse zur Skalierung von CO₂-Entnahmen in der EU vorgelegt. Die zentrale Botschaft: Ohne drastische Emissionssenkungen und klare Zielvorgaben für CO₂-Entnahmen wird die EU ihre Klimaziele nicht erreichen. 

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Neue Gentechnik – Rat ringt um Position zu Patenten

Werden in Zukunft Gentechnikprodukte auf den europäischen Markt kommen, die ihren Herstellern Patente sichern, ohne Kennzeichnung und Prüfung ihrer Risiken? Die EU-Kommission will die vorsorgeorientierten Regeln für viele Produkte neuer Gentechnikverfahren kippen. Im EU-Ministerrat gab es dafür bisher keine Mehrheit. Das könnte sich mit einem neuen polnischen Vorschlag ändern.

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Brandenburg und das Nature Restoration Law: Verzögern statt wiederherstellen?

Das Land Brandenburg hat Ende Februar die dortige Umsetzung der EU-Wiederherstellungsverordnung vorläufig außer Kraft gesetzt. Als Begründung werden die fehlenden rechtlichen Vorgaben auf EU- und Bundesebene genannt. Die formalen Vorgaben der EU-Kommission sollen jetzt im März kommen, wobei die Eckpfeiler aus Umweltsicht bereits klar sind.

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Noch viel zu tun beim 8. Umweltaktionsprogramm

Die EU ist nur teilweise auf dem richtigen Weg, die Ziele des 8. Umweltaktionsprogramms zu erreichen. Zu diesem Urteil gelangt der aktuelle Bericht der Europäischen Umweltagentur. Insbesondere bei den Treibhausgasemissionen und dem Verbrauchsfußabdruck muss die EU noch nachsteuern.

Zur Einschätzung
 
Omnibus, Clean Industrial Deal
und erschwingliche Energie  

Derzeit läuft die EU-Kommission zu Höchstformen auf, was die Taktung von Veröffentlichungen angeht. Dies ist allerdings noch kein inhaltliches Qualitätsmerkmal. Der erste Teil der sogenannten Omnibus-Initiativen zur Vereinfachung und zum Bürokratieabbau wurde am 26. Februar ebenso präsentiert wie der Clean Industrial Deal und der Aktionsplan für erschwingliche Energie. Die Omnibus-Änderungsentwürfe könnten zu einer teils weitgehenden Aufweichung wichtiger Leuchtturmgesetze des European Green Deals führen, insofern sind sie aus Umweltsicht mit Argus-Augen zu beurteilen. Auch der Clean Industrial Deal enthält kritische Elemente.

Germanwatch zu Omnibus/CSDDD: Deregulierung statt Entbürokratisierung

Finn Schufft hat für Germanwatch zunächst die CSDDD-Vorschläge unter die Lupe genommen (CSRD-Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung und  Taxonomie-Verordnung sollen folgen). Dienen die weitreichenden Änderungsvorschläge für die CSDDD dem ursprünglichen Ziel – Reduktion von Berichtspflichten, wo die CSDDD doch kaum Berichtspflichten, dafür aber Sorgfaltspflichten zur konkreten Verhinderung oder Abstellung von Menschenrechtsverstößen und Umweltzerstörung enthält? Zudem gibt es keine Erfahrung zur Wirkung, da sie erst in mehreren Jahren zur Anwendung kommt, dafür sollen schlechte Erfahrungen aus dem deutschen Lieferkettengesetz jetzt auf EU-Ebene wiederholt werden. Am fatalsten wäre jedoch die Rückkehr zur (Teil-)Freiwilligkeit bei Durchsetzung, Kontrolle, Sanktionen und nicht mehr verpflichtenden 1,5-Grad-kompatiblen Transitionsplänen, kritisiert Schufft.

Zur Analyse von Germanwatch
Wie Clean ist der Clean Industrial Deal wirklich?

Die EU-Kommission hat am 26. Februar in einem umfassenden Gesetzespakte auch ihren angekündigten Clean Industrial Deal vorgelegt. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der energieintensiven Industrie und sauberen Technologien. Ein weiteres Element ist die Kreislaufwirtschaft. Umweltverbände wie das Europäische Umweltbüro (EEB) oder der Umweltdachverband DNR beleuchten Kritikpunkte.

So sei die Konzentration auf Dekarbonisierung und energieintensive Industrien ohne Augenmerk auf Umweltverschmutzung ein Widerspruch an sich. Die chemische Industrie entziehe sich der Kontrolle, es gebe eine massive Investitionslücke für den industriellen Wandel und für das Zwischenziel von 90 Prozent Emissionsreduktion bis 2040 im Vergleich zu 1990 sei eine umgehende Gesetzesänderung des Europäischen Klimagesetzes dringend notwendig. Der Teufel steckt eben wie immer im Detail.

Zur EU-News

Weitere Reaktionen auf den ersten Teil der Omnibus-Initiativen:

  • WWF: EU-Omnibus-Vorschlag gefährdet zielgerichtete Transformation der Wirtschaft
  • Germanwatch: Omnibus-Gesetzesvorschlag: EU muss zu den Grundwerten des Green Deal stehen
  • BUND: Angriff auf Green Deal: EU-Kommission fügt sich Lobbydruck
  • ClientEarth: Lawyers condemn the Omnibus proposal – a threat to the environment and EU competitiveness
  • EEB: Omnibus a trojan horse for aggressive deregulation, say NGOs
 
EU-Kommission will Flottengrenzwerte aufweichen

Die Europäische Kommission hat einen Aktionsplan für die europäische Automobilindustrie vorgestellt. Ein zentraler Punkt ist die geplante Flexibilisierung der CO₂-Flottengrenzwerte, die es Herstellern erlaubt, ihre Emissionen über drei Jahre hinweg auszugleichen. Die Deutsche Umwelthilfe sieht in dem Plan einen Generalangriff auf das für 2035 geplante Verbrenner-Aus und warnt, dass durch die Aufweichung der Grenzwerte bis zu 50 Millionen Tonnen zusätzliches CO₂ in die Atmosphäre gelangen könnten. 

Zum Aktionsplan für Europas Automobil-Industrie
Langjähriger EU-Haushalt: "Do No Significant Harm"!

WWF, Eurogroup for Animals, CAN Europe und 26 weitere Organisationen haben die Umsetzung des Grundsatzes „Do No Significant Harm“ (DNHS) im nächsten langjährigen Finanzrahmen (MFR) gefordert. Damit könne die EU sowohl den Verwaltungsaufwand verringern und gleichzeitig zu einer besseren Verwendung der EU-Mittel beitragen. Laut DNHS-Prinzip ist eine wirtschaftliche Aktivität nur dann nachhaltig, wenn sie keinem von sechs definierten Umweltzielen erheblichen Schaden zufügt. Dieses „Schlüsselinstrument“ in EU-Haushaltsfragen fördere den Abbau umweltschädlicher Subventionen und schaffe den nötigen finanziellen Spielraum für klima- und naturfreundliche Investitionen, so die Organisationen.

Gemeinsames Statement von 29 Organisationen
Null-Schadstoff: Ziele für 2030 „in Reichweite“, Umweltverschmutzung weiterhin zu hoch  

Die Europäische Umweltagentur hat am 3. März zum zweiten Mal über die Fortschritte auf dem Weg zum Null-Schadstoff-Ziel für 2030 berichtet („Zero Pollution Monitoring and Outlook“). Außerdem hat die Kommission ihren vierten Bericht über die Luftreinhaltung veröffentlicht. Fazit: Zwar hat die EU-Politik dazu beigetragen, die Luftverschmutzung, den Einsatz von Pestiziden und den Plastikmüll im Meer zu verringern. Die Verschmutzungswerte sind jedoch immer noch zu hoch, insbesondere durch schädlichen Lärm, die Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt, die Verschmutzung durch Nährstoffe und die Abfallerzeugung. Derweil fordern mehr als 600 europäische Ärzt*innen in einem offenen Brief an Ursula von der Leyen, am Ausstieg aus dem Verbrenner-Motor 2035 festzuhalten: aus gesundheitlichen Gründen. 

Zur Pressemitteilung der Europäischen Umweltagentur
Konsultation zur EU-Wasserresilienzstrategie: Ohne gesunde Bäche und Flüsse keine Widerstandsfähigkeit

Am 4. März endete die Konsultation zur vorgeschlagenen Europäischen Strategie für eine resiliente Wasserversorgung. Unter anderem beteiligten sich aus Deutschland die DNR-Mitgliedsverbände BUND, WWF sowie die Höhlen- und Karstforscher mit Stellungnahmen. Auch das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) reichte eine Stellungnahme ein. Kritisiert wird das Umsetzungs- und Durchsetzungsdefizit bereits bestehender Rechtsvorschriften. Grundlage für die Wasserresilienz seien in erster Linie die Widerstandsfähigkeit und der Schutz der Süßwasserökosysteme.  

Rückmeldungen zur Konsultation
 Zum Eintauchen: Neue Studien und Berichte
EU-Maßnahmen gegen Wüstenbildung sind unzureichend

Wie gut ist die EU auf die wachsende Bedrohung durch Wüstenbildung vorbereitet? Die Studie des Institute for European Environmental Policy analysiert, wie klimatische und menschliche Einflüsse die Landdegradierung in Europa weiter verschärfen. Sie zeigt auf, dass bestehende EU-Maßnahmen fragmentiert und nicht ausreichend koordiniert sind, es fehle an verbindlichen Zielen und einer kohärenten Strategie, um die Wüstenbildung wirksam zu bewältigen.

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Meeresmüll in der EU sinkt um fast ein Drittel

Die Studie des Joint Research Centre zeigt, dass die Menge an marinem Makromüll (>2,5 cm) an den EU-Küsten zwischen 2015-2016 und 2020-2021 um 29 % gesunken ist. Besonders starke Rückgänge gab es in der Ostsee (45 %) sowie in absoluten Zahlen am Mittelmeer und Schwarzen Meer. Einwegplastik wurde um 40 %, Fischereimüll und Plastiktüten jeweils um 20 % reduziert. Trotz dieser Fortschritte bleibt der Müllanteil vielerorts über dem festgelegten Schwellenwert von 20 Müllteilen pro 100 Meter Küste.

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Nachhaltige Landwirtschaft kann bis zu 31 Mio. Tonnen CO₂ einsparen

In der Farming Practices Evidence Library bewertet das Joint Research Centre die Umwelt- und Klimaeffekte von 34 landwirtschaftlichen Methoden und stützt sich dabei auf 14.000 wissenschaftliche Studien. Die Ergebnisse zeigen, dass durch Maßnahmen wie verbesserte Bodenbewirtschaftung, Fruchtfolge und organische Landwirtschaft bis zu 31 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente jährlich eingespart werden können.

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Kurz & Knapp: laufende Konsultationen/Feedbackmöglichkeiten

bis 12.04.: Gemeinsame Fischereipolitik – Bewertung

bis 06.05.: Der nächste langfristige Haushalt der EU (Mehrjähriger Finanzrahmen, MFR) – Leistung des EU-Haushalts

bis 06.05.: Der nächste langfristige Haushalt der EU (Mehrjähriger Finanzrahmen, MFR) – Verwendung von EU-Mitteln zusammen mit Mitgliedstaaten und Regionen


Es lohnt regelmäßig ein Blick auf die Seite mit den laufenden Konsultationen der EU-Kommission: Have your say!
Auch die neue europäische Plattform für Bürgerbeteiligung wartet regelmäßig mit neuen Themen zum Mitmachen auf.

 
Aus dem Netz gefischt

• Agrarrat: Ergebnisse der Sitzung vom 24. Februar 2025 (Debatten: EU-Agrarpolitik und Auswirkungen ländlicher Raum, Marktlage, Vision für Landwirtschaft und Ernährung)

• EU-Kommission: ReArm Europe: Von der Leyen skizziert vor Europäischem Rat Plan zur Aufrüstung Europas

• EU-Kommission: Commission welcomes ICAO agreement on new aircraft standards for fuel efficiency and noise levels driving sustainability in aviation

• Forum Nachhaltiges Wirtschaften: Meeresschutz in stürmischen Zeiten: Europas globale Verantwortung

• Institute for European Environmental Policy: Bridging the gap: why the EU needs a just transition funding mechanism for agriculture

• Institute for European Environmental Policy: Transformative innovation for the ecological transition of food systems

• EU-Kommission: Ein gemeinsamer CO2-Emissionsrechner für den europäischen audiovisuellen Sektor

• FERN: The EU’s Vision on Food & Agriculture betrays consensus and reinforces polarisation

• Umweltbundesamt/EU-Verbraucherschutz: Umweltaussagen zu Fernbusreisen: Bundesgerichtshof bestätigt Entscheidung des Umweltbundesamtes

TERMINE

10.-13.03. Plenarsitzung EU-Parlament, Straßburg

17.03. Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie

20.-21.03. Europäischer Rat

24.03. Rat für Landwirtschaft und Fischerei

27.03. Rat für Umwelt

31.03.-03.04. Plenarsitzung EU-Parlament, Brüssel

 
Rechtliches

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EU-Koordination
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